Zweck der Datenbank
Ziel ist die datenbasierte Annäherung an den oft postulierten Mythos eines einzigartigen Klangs der Sächsischen Staatskapelle Dresden, der – so die These – unabhängig von zeitlichen und räumlichen Einflüssen dem Orchester inhärent geblieben ist und sich im Laufe der Jahrhunderte gleichsam in die DNA der Kapelle einschrieb.
Um den Klang eines Ensembles in seiner ggf. historisch gewachsenen Homogenität und auch seiner Flüchtigkeit zu rekonstruieren und zu beschreiben, bedarf es eines groß angelegten Datenpools, auf dessen Grundlage sich sowohl quantitative als auch qualitative Suchen formulieren lassen. Die Datenbank Kapellklang ermöglicht mithin Recherchen zur Repertoireentwicklung und Kanonbildung einschließlich deren Einflussnahme auf die typische Klangkonstitution des Orchesters ebenso wie punktuelle Abfragen zum Ein- und Austritt von Kapellmitgliedern und der damit verbundenen personellen Komponente von Klangentwicklung. Abfragen hinsichtlich der Orchesterzusammensetzung anlässlich einer konkreten Aufführung als auch über einen definierten Zeitraum hinweg veranschaulichen, inwiefern ein eigener „Kosmos Kapelle“ bestand und ob eine Kontinuität von Interpretation und Spielpraxis möglicherweise über Jahrzehnte hinweg gepflegt und tradiert wurde. Fragen zu Lehrer-Schüler-Filiationen und auch zu instrumentbezogenen Klangtraditionen schließen sich an.
Nicht zuletzt gilt es, Klangverschiebungen hinsichtlich der Konzerträume (Stichwort: Raumklang), Dirigenten und der situativen Musizieratmosphäre (Stichwort: Orchesterpsychologie) basierend auf der semantischen Auswertung von Klangrezeption textlicher und mündlicher Art herauszuarbeiten.
Durch den Vergleich zweier für die Kapelle maßgeblicher Epochen (Epoche 1: Von Weber bis Wagner, 1816-1849; Epoche 2: Schuch und Strauss, 1884-1914) können Änderungen und Kontinuitäten beispielhaft sichtbar gemacht werden. Fragestellungen an die Datenbank, die bei der Identifizierung eines möglichen Klangideals weiterhelfen, könnten beispielsweise lauten:
- Wieviele Erst- und Uraufführungen gab es 1816-1849 bzw. 1884-1914?
- Welches sind die am Häufigsten zur Aufführung gekommenen Werke? Gibt es in beiden Epochen Kontinuitäten?
- Wie häufig kam die Kapelle in kammermusikalischen Formaten zusammen?
- Aus wieviel Musikerinnen und Musikern setzte sich die Kapelle im Vergleich beider Epochen zusammen?
- Wie weit lassen sich Lehrer-Schüler-Filiationen zurückverfolgen?
- Welchen Einfluss besaßen Orchesterschule und Aspirantur auf den Klang der Kapelle?
- Aus welchen geografischen Gebieten kamen die Musikerinnen und Musiker der Kapelle?
- Welche Instrumente wurden am Längsten in der Kapelle benutzt; ggf. über beide Epochen hinweg?
- Wie klang die Kapelle im sog. Morettischen Hoftheater im Gegensatz zur 1878 erbauten Semperoper?
- Welche (positiv oder negativ konnotierten) Klangaussagen wurden in der Berichterstattung am Häufigsten in Bezug auf den Orchesterklang verwendet? Wie unterscheiden sie sich im Vergleich beider Epochen?